Tete Adehyemma Dance Theatre scheitert an deutscher Gründlichkeit

Tete_07Sie wären sehr gerne morgen Abend im Münsteraner „Pumpenhaus“ mit ihrem neuesten Stück „Abweichler“ aufgetreten. Stattdessen standen die jungen DarstellerInnen vom „Tete Adehyemma Dance Theatre“ am letzten Freitag vor der Deutschen Botschaft in Accra und weinten, waren traurig und verzweifelt. Wieder hatten sie das Visum nicht bekommen, um nach Deutschland reisen zu können.

Was war passiert?
Zunächst brauchte die Verwaltung in Ghana knapp 4 Monate (!) um die Pässe für die Jugendliche auszustellen. Durch die Fürsprache des Auswärtigen Amtes in Berlin, das die Deutschen Botschaft in Accra auch darüber informierten, dass die Visa kostenlos ausgegeben werden können, bekam die Gruppe recht zügig einen Termin. Dieser endete jedoch damit, das alle Unterlagen wieder mitgenommen wurden. Laut Deutscher Botschaft fehlten u.a. Dokumente, die die „Verwurzelung“ der Eltern der Minderjährigen nachweisen. Offensichtlich sollte das die „Rückkehrwilligkeit“ der Kinder garantieren. Da sind Fragen nach Geburts- , Heirats- oder Sterbeurkunden fast schon harmlos. Menschen, die in größter Armut leben, sollen „Einkommensnachweise“ vorlegen? Und dann müssen die auch noch den Ansprüchen des Schengen-Abkommens genügen?

Zwei Tage reisten die Verantwortlichen des Projektes zu den verschiedenen Familien, um möglichst viele Dokumente zu bekommen. Ein neuer Termin wurde recht kurzfristig anberaumt, wahrscheinlich auch deshalb, weil sich inzwischen Parlamentarier und Mitarbeiter von Engagement Global eingeschaltet hatten.

Schreibweisen
Am Freitag morgen um 7.00 Uhr standen dann alle vor der Botschaft – und waren am Ende bitter enttäuscht: trotz der „wohlwollenden“ Behandlung wurden die Visa nicht erteilt. Zum einen hatten die Eltern nicht auf den Originalantragsformularen unterschrieben. Zum anderen gab es auf ID-Card, Urkunden und Formularen unterschiedliche Schreibweisen der Namen. Und so konnten die Anträge nicht entgültig behandelt werden. Es war aber auch klar, dass zwar die Unterschriften der Eltern an der richtigen Stelle zu beschaffen waren. Aber ebenso war auch klar, dass die Frage der Schreibweisen in den Dokumenten in der Kürze der Zeit nicht mehr zu regeln war. Damit war die Teilnahme der Gruppe an der KKK 2016 nicht mehr machbar, das war auch die traurige Einsicht der Verantwortlichen des Projektes. Wenn sie die Jugendlichen zusammenhalten und weiter proben, steht einer Teilnahme an der KinderKulturKarawane 2017 nichts im Wege.

Was können wir daraus lernen ?
Wir spüren es schon seit 2 -3 Jahren: die Handhabung des Schengen-Abkommens bezüglich der Visa wird auch für uns immer schwieriger. In einigen Aspekten wird es geradezu absurd für uns, weil wir mit randständigen jungen Menschen arbeiten. Und da sind eben nicht alle Familienverhältnisse geordnet. In den Slums gibt es eben nicht alle Dokument in der Form, wie es die deutsche Gründlichkeit erfordert. Jugendaustausch und Völkerverständigung wird so immer mehr etwas für die Reichen.
Bezogen auf Ghana ist es zwar das gute Recht der Botschaft mit Blick auf Kinderhandel oder Kindesentführung durch Eltern, auf eine ordnungsgemäße Visavergabe zu achten. Allerdings sollte man sich auch darüber Gedanken machen, wer der Einladende ist – in diesem Fall die KinderKulturKarawane, die seit 17 Jahren arbeitet, mehrfach ausgezeichnet wurde und überwiegend aus öffentlichen Mitteln gefördert wird. Und man hätte sich die Arbeit des Projektes und insbesondere die Produktionen mal näher anschauen sollen. Ein Projekt, das seit Jahren integrativ mit Jugendlichen arbeitet und das mit einem Stück auf Reisen geht, das gerade gegen die Fluchtgedanken von Jugendlichen arbeitet, ist sicherlich anders zu beurteilen, als eine Touristengruppe.

Die Abschottungspolitik Europas und des Bundesinnenministers wird immer effektiver. Jugendaustausch und Völkerverständigung wird zum Luxusgut.

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